Den Talmud und den Kant
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"Carsten Wilke beschäftigt sich in seinem Buch mit der Rabbinerausbildung in Mitteleuropa vor und nach dem Beginn der Aufklärung, die nicht zuletzt im religiösen Bereich grundlegende Veränderungen brachte. Der Autor beeindruckt durch große Sachkompetenz und durch seine intensiven Literatur- und Quellenrecherchen. Angesichts des Niveaus der Studie ist es zu hoffen, daß sie einen großen Leserkreis finden wird." (Richard Mehler, Mainfränkisches Jahrbuch 58)"Le tout apparaît nourri d'une solide information, la liste des dépôts d'archives et de manuscrits visités est impressionnante et la bibliographie, conséquente, où dominent l'allemand et l'hébreu, mais d'où l'anglais et le francais ne sont pas absents." (Jean-Pierre Rothschild, Revue des Etudes juives, 165/1-2, 2006)Noch zur Aufklärungszeit blühte ein vielgestaltiges rabbinisches Hochschulwesen in den deutschen Staaten: Ihren besonderen, jahrhundertealten Bildungsidealen verpflichtet, musste sich diese talmudische Gelehrtenrepublik der ihr nun abverlangten Anpassung an die herrschende idealistische Theologie verweigern. Ein Wahnsinniger nur oder ein Genie, so urteilte 1808 einer ihrer wenigen christlichen Verteidiger, könnte zugleich morgenländische und abendländische Philosophie studieren, den Talmud und den Kant, den Fichte wie den Schelling. An den unvereinbaren Ansprüchen von Staatspolitikern, Religionsreformern und Traditionalisten scheiterten die Projekte zu zeitgemäßen Ausbildungsstätten. So mussten die jüdischen Studentenkreise der Romantik und des Vormärz jene für unmöglich gehaltene Synthese aus dem disparaten Erbe ihrer talmudischen und akademischen Mentoren selbst entwickeln und erproben. Die Entstehung der rivalisierenden Modelle moderner rabbinischer Wissenschaft, die diese institutions- und ideengeschichtliche Studie verfolgt, beginnt inmitten der alten Talmudhochschulen und führt durch ein beispielloses kulturellesLaboratorium zu den Anfängen des Jüdisch-Theologischen Seminars, das1854 in Breslau gegründet wurde.